Kurz vor Weihnachten haben wir den Nürnberger Oberbürgermeister, Marcus König, zum Interview und Glühweintrinken getroffen. Gesprochen haben wir mit ihm über seine Weihnachtsrituale, wie den Schaustellern in Nürnberg geholfen werden kann und welche Probleme auf die Stadt Nürnberg in den nächsten Jahren zukommen.
Das Interview mit Marcus König in Kurzform
deinNämberch.de: Weihnachten ohne Glühwein und Plätzchen ist quasi wie Nürnberg ohne Burg oder ohne seinen Oberbürgermeister. Deshalb haben wir Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König auf einen Glühwein und – selbstgebackene – Plätzchen zu uns eingeladen. Herr König, schön, dass Sie heute da sind. Haben Sie selbst schon Plätzchen gebacken in diesem Jahr?
Marcus König: Ich noch nicht, aber mein Sohn hat schon welche gebacken. Vor ein paar Tagen hat er selbst Teig gemacht und hat ohne Hilfe Plätzchen rausbekommen. Und die waren richtig gut!
Der Christkindlesmarkt findet in diesem Jahr leider nicht statt. Kurzfristig ist er von der Landesregierung abgesagt worden. Sie haben aber bis zuletzt daran festgehalten, ihn stattfinden zu lassen. Wären Sie in Anbetracht der aktuellen Situation bei Ihrer Entscheidung geblieben?
Die Kommunen selbst entscheiden zu lassen, wäre nicht klug gewesen. Der Christkindlesmarkt, den wir kennen, hätte auch nicht stattgefunden. Sondern wir hätten versucht, mehrere Plätze zu bespielen. Hätten wir ihn abgesagt und die Clubs wären weiter geöffnet gewesen, hätte dafür das Verständnis gefehlt. Deshalb habe ich immer für eine bayernweite Regelung plädiert. Das war die richtige Entscheidung. Jetzt müssen wir aber schauen, dass wir den Schaustellern und den Marktkaufleuten helfen.
Jetzt sind wir bereits beim Thema: Sie haben vor einigen Wochen Ausgleichszahlungen für die Schausteller gefordert. Was hat sich bisher getan?
In verschiedenen Ministerkonferenzen wurde gesagt: Diese Branche muss unterstützt werden und da gibt es einen Sonderfonds. Manchmal ist in unserem Land alles so bürokratisch. Es dauert, bis es durch alle Instanzen genehmigt ist. Wir müssen diese Bürokratie jetzt auf die Seite schieben und helfen.
Wir entnehmen, dass dort viel Unterstützung von der Landes- und Bundesregierung kommen muss. Was können denn die Kommunen für die Menschen tun?
Wir haben schnell reagiert. Zum Beispiel haben wir die ganzen Standgebühren in der gleichen Woche noch zurücküberwiesen. Wir haben angefallene Kosten erstattet. Was wir nicht können, sind Gelder für den Ausfall des Geschäfts zu bezahlen. Da müssen der Bund und das Land jetzt wirklich Unterstützung geben. Das kann die Kommune nicht leisten. Besonders wir in Nürnberg sind schon in einer finanziell angespannten Lage.
Schauen wir einige Zeit zurück. Im März 2020 sind Sie zum Oberbürgermeister von Nürnberg gewählt worden. Genau zu Beginn der Pandemie und des ersten Lockdowns. Was waren für Sie in der Corona-Zeit bisher die größten Hürden?
Die größte Herausforderung ist, die Menschen richtig zu informieren und an sie noch heranzukommen. Ich erlebe oft, dass viele Menschen gar keine richtigen Informationen mehr bekommen. Es gibt so viele Falschmeldungen und man hängt oftmals hinterher, um das wieder richtig zu stellen. Es gibt unglaublich viele Medien, aber die Menschen wissen immer weniger.
Wenn Sie in die Glaskugel blicken müssten: Welche Herausforderungen kommen auf Sie und die Stadt Nürnberg in den kommenden Jahren zu?
Das große Thema Nachhaltigkeit, das Thema Klimawandel… Die beschäftigen uns und sie werden nach Corona das Thema Nummer eins werden. Natürlich ist die Frage, wie und wo die Menschen wohnen werden, wichtig. Jeder braucht Wohnraum und der muss auch bezahlbar sein. Auch das Thema Sauberkeit und Sicherheit wird die Menschen weiterhin bewegen. Jeder will eine saubere Stadt, jeder will eine sichere Stadt.
Sie haben jetzt viele Herausforderungen aufgezählt. Haben Sie sich Ihre Arbeit als Oberbürgermeister so vorgestellt?
Mein Herz schlägt für diese Stadt, ich bin hier geboren und aufgewachsen, auch mein Sohn ist hier geboren. Ich habe meine Frau hier kennengelernt. Ich bin mit 27 in den Stadtrat gewählt worden und weiß, dass es als Oberbürgermeister auch mal Zeiten gibt, die sehr schwierig sind. Ich bin aber motiviert. Ich möchte gemeinsam mit den Menschen die Stadt weiterentwickeln und gestalten.
Als Oberbürgermeister sind Sie nah an den Menschen, haben in den letzten Jahren enorm viele Begegnungen gehabt. Gibt es Momente, die Sie besonders berührt haben?
Mich hat eine Bürgerin angeschrieben. Der Mann ist kurz vor Corona verstorben. Sie hat sich dann versucht abzulenken und ist oft ins Theater gegangen. Dann kam der Lockdown. Sie hatte keine Kinder, der Freundeskreis war auch schon nicht mehr vorhanden. Die Frau saß fast ein ganzes Jahr daheim und sprach mit dem Bild ihres verstorbenen Mannes. Dann hat sie mir einen Brief geschrieben, mich verzweifelt angefleht und gefragt, wann sich die Situation wieder ändert. Das hat mich mitgenommen, weil ich gemerkt habe, dass es viele Menschen gibt, die niemanden haben.
Was haben Sie dieser Frau gesagt?
Ich habe lange mit ihr gesprochen. Ich habe ihr gesagt, wir müssen das hier gemeinsam durchstehen. Sie hat mir vieles erzählt und es tat ihr einfach mal gut, mit jemandem zu sprechen. Dort habe ich festgestellt, dass eine telefonische Seelsorge enorm wichtig ist: Dass man einfach mal eine Nummer hat, die man anrufen kann und mit jemanden quatschen kann. Das Thema Vereinsamung ist mir da nochmal richtig bewusst geworden.
Zurück zu einem anderen Thema. Wie verbringen Sie in diesem Jahr Weihnachten?
Wir sind ein großer Fan der Berge. Damit meine ich nicht Skifahren, sondern – am besten – alleine Zeit auf einer Hütte zu verbringen. Es liegt Schnee. Wir machen ausgiebige Spaziergänge, sind einfach mal weg und lassen es uns gut gehen. Auch die gemeinsame Zeit mit unserem Sohn ist uns wichtig. Schauen wir mal, ob es gelingt. Aber es wird sicherlich ein Weihnachten werden, an dem wir im kleinen Familienkreis zusammen sind.
Dann wünschen wir Ihnen jetzt schon mal eine schöne Weihnachtszeit in den Bergen mit Ihrer Familie. Danke, dass Sie sich Zeit für unser Interview genommen haben. Hier gibt es das Interview mit Marcus König in voller Länge.