InterviewZwischen KI, Kreativität und Kartenspielen: Henrik von Janda-Éble über Nürnberg und Neues Denken
Henrik von Janda-Éble (Bild Mitte), Mitgründer der Agentur stilbezirk, kennt Nürnberg von zwei Seiten: als junge Heimat, die er hinter sich lassen wollte – und als kreatives Zuhause, zu dem er mit frischem Blick zurückkehrte. Heute prägt er mit seinem Team Markenstrategien und entwickelt mit einem neu gegründeten Unternehmen innovative KI-basierte Spieleprojekte.
Henrik von Janda-Éble ist Mitgründer der Agentur stilbezirk und des neuen Unternehmens bosodo, das KI-basierte Serious-Games-Entwicklung fokussiert. Alle Fotos: stilbezirk
Wie stehst du zu Nürnberg? Früher fand ich Nürnberg langweilig und wollte weg. Nach Jahren im Ausland, an Stränden und in Metropolen, vermisste ich die Region und lernte sie schätzen. Nürnberg und Umgebung sind für mich Heimat und Rückzugsort. Neben den schönen Klischees gibt es viele kleine Dinge, die das Leben und Arbeiten hier sehr angenehm machen.
Was zeichnet Nürnberg für dich aus? Kurze Wege, interessante Kultur, Vielfalt. Für eine Stadt dieser Größe gibt es viel zu erleben. Die heterogene Wirtschaftslandschaft schafft ein spannendes Arbeitsumfeld. Auch die Hochschulen haben sich verbessert, sodass viele Talente auf den Markt kommen. Freizeitangebote wie Mountainbiken und Windsurfen am Brombachsee begeistern mich. Nach dem Sport in einen fränkischen Biergarten – es gibt nichts Besseres. Ein Wermutstropfen bleibt die Sperrstunde in Bayern, die Kultur und Subkultur bremst.
Wann hast du die Agentur Stilbezirk gegründet? 2003 gründeten wir die Agentur zu viert: Christoph Gebhardt, Matthias Bartel, Jörg Liebeskind und ich. Anfangs fokussierten wir uns stark auf digitale Themen. Als Kinder des Internets (der zweite Dot.Com-Boom war gerade vorbei) gestalteten wir Websites, CD-ROMs und DVDs. Unsere Kunden kamen aus der Region, aber auch aus Hong Kong und Kalifornien. Mit der Zeit erweiterten wir unser Portfolio um klassische Gestaltungsthemen und wuchsen zu einer Kreativagentur mit über 50 Mitarbeitern. Vor Corona entschieden wir, unsere Programmier-Unit abzubauen und uns auf Markenstrategie, -aufbau und -kommunikation zu konzentrieren. Heute arbeiten wir vor allem im mittleren und großen Mittelstand. Die meisten unserer Kunden sind in der Region oder Süddeutschland. Trotz New-Work und Remote-Möglichkeiten schätzen wir spontane Treffen. Unsere Region bietet viele interessante Unternehmen und Institutionen.
Wie beeinflusst das Thema KI das Agenturgeschäft? Massiv. Als zwei Mitarbeiter vor drei Jahren das Thema aufbrachten, war ich besorgt. Doch wir gründeten das stilbezirk AI-Lab, probierten viel aus und teilten unser Wissen in Vorträgen. Bald folgten Kundenworkshops und Projekte, die wir komplett mit KI umsetzten. Heute sind KI-Tools fester Bestandteil unserer Workflows. Sie ersetzen zunehmend die reine Umsetzung im Kreativbereich. Leider verschwinden klassische Umsetzungsjobs, unser Fotostudio steht oft leer.
Welche Folgen hat das für die Kreativbranche? KI verändert unsere Branche schnell und drastisch. Das birgt Risiken, aber auch Chancen. Wir bieten neue Services an und gewinnen durch Vorträge und Beratungen neue Kunden. Mit Markus Utomo gründeten wir bosodo – eine Firma für Serious Games.
Was sind Serious Games? Serious Games, übersetzt „ernsthafte Spiele“, sind interaktive Spiele, die nicht primär der Unterhaltung dienen, sondern und vor allem, Lernziele verfolgen. Sie nutzen die spielerische Interaktion, um Wissen zu vermitteln, Fähigkeiten zu trainieren oder komplexe Themen zu erlernen. Im Gegensatz zu traditionellen Lernmethoden ermöglichen Serious Games ein aktives und oft selbstgesteuertes Lernen.
Wie konntet ihr dieses Thema mit KI verknüpfen? Spieleentwicklung war oft teuer und aufwendig. KI-Modelle wie chatGPT und weitere interessante KI-Modelle ermöglichen es uns, komplexe, aber beispielsweise auch sehr langweilige Themen in Spielmechaniken zu übertragen. Wir entwickelten eigene KI-Modelle und Workflows, um vor allem sogenannte „Kampfkartenspiele“ zu gestalten.
Gibt es ein aktuelles Projekt, das bereits umgesetzt wird? Ja, auf unserer Webseite www.bosodo.de und im Handel gibt es bereits drei Spiele: Digitale Achtsamkeit, Digitale Achtsamkeit für Kids und das stilbezirk brand game. Wir arbeiten aktuell an der Digitalen Achtsamkeit – Social Media Edition und einem Erste-Hilfe-Spiel. Mit der McMasters University entwickeln wir ein Ethik-Spiel für Mediziner. Weitere Anfragen kommen aus dem HR-Umfeld (Onboarding Games) und zum Thema Führung. Mit der IHK, der Stadt Nürnberg und der EMN planen wir ein Demokratiespiel für Schulkinder. Ein Spiel für Skitourengeher zum Thema Sicherheit am Berg ist ebenfalls in Planung. Kein Thema ist zu exotisch.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Wie das Thema Spieleentwicklung im Detail funktioniert, erfahrt ihr im nächsten deinNämberch-Interview mit Markus Utomo.