Ganz entspannt sitzt Sagithjan Surendra bei uns vor dem blauen Roll-Up. Die Ruhe ist auch an seinen Fingern zu sehen: Bei Unruhe spielen sie nämlich Klavier, meist die Titelmelodie von Fluch der Karibik. Jetzt liegen Sagithjans Hände aber ruhig im Schoß. Der Molekularmedizinstudent hat schon einiges vorzuweisen: Sagithjan Surendra gründete im ersten Semester ein Schülerförderwerk, ist Preisträger der Studienstiftung des Deutschen Volkes und Digitalpreisträger – und das mit gerade einmal 23 Jahren. Was seine soziale Herkunft damit zu tun hat und welche Rolle die Zauberei für Sagithjan spielt, erzählt er hier.
Clash beim Studienstart
In seinem Umfeld ist Sagithjan der erste Akademiker. Zu Beginn des Studiums hat er schnell gemerkt, dass er vor vielen Problemen steht, die Kinder aus Akademikerfamilien nicht kennen: „Für sie war „studieren“ als Lebensweg vorgezeichnet, sie mussten sich kaum Gedanken um Themen wie Finanzierung machen.“ Das hat Sagithjan zum Nachdenken angeregt. Es gibt bereits zahlreiche Studierendenförderungen, die junge Menschen mit sozialer Benachteiligung unterstützen. Dabei sollte die Hilfe bei Schülerinnen und Schülern beginnen. Deshalb setzt sich Sagithjan mit sechs Freunden zusammen und gründet einen Verein. Ganz ohne Gründungserfahrung sagen sie sich: „Wir machen das jetzt mal!“
„Alle sollen unabhängig von finanziellen oder familiären Umständen seinen oder ihren Lebensweg gestalten können.“
Sagithjan Surendra, Gründer des Schüler Förderwerks Aelius
Nachdem der Verein 2017 gegründet war, sind schnell neue Mitglieder dazu gekommen. Bei der Festlegung des monatlichen Mitgliedsbeitrags sind sie sehr studentisch rangegangen: „Wie viele Pfandflaschen bin ich bereit monatlich für Aelius zu geben. Da fanden wir die Zahl zehn gut.“ Von den 2,50 Euro zu mittlerweile einer halben Millionen Haushaltseinkommen haben die engagierten Mitglieder beigetragen. Viele Studierende kennen die Herausforderungen aus ihrem eigenen Leben und dachten sich: „Ich möchte mich gern engagieren, um der nächsten Generation die Unterstützung zu geben, die ich mir gewünscht habe.“
Das Förderwerk finanziert sich durch Spenden und Stiftungsförderungen. In manchen Supermärkten kannst du selbst an Aelius spenden, wenn du die Kassierer bittest aufzurunden. Für Sagithjan ist das Ziel für die Zukunft klar: Er möchte, dass Aelius staatlich gefördert wird und so soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem beglichen werden kann.
„Ich merke, die Sinnkrise auf mich zukommen“
Etwas in der Gesellschaft bewirken – das treibt Sagithjan jeden Tag an. Momentan steht er kurz vor seinem Masterabschluss in der Molekularmedizin, was aber danach kommt, ist unklar. „Ich merke, die Sinnkrise auf mich zukommen, weil sich der Abschluss nähert.“ Dabei gibt es so vieles, wofür er sich begeistern kann. Egal, wohin ihn sein Weg führt, Sagithjan Surendra möchte weiterhin mitgestalten und sich einbringen, zum Beispiel in der Gesundheitspolitik. Eine steile Karriere ist ihm in seinem Leben nicht so wichtig, sondern Hebel in Bewegung setzten für eine gerechtere Gesellschaft.
Ich bin ein sehr introvertierter Mensch. Das Zaubern hat mir dabei geholfen aus mir heraus zu kommen.
Sagithjan Surendra beschäftigt sich mit mentaler Magie
Als Gründer von gleich zwei Startups ist der Nürnberger viel unter Menschen, dabei beschreibt er sich selbst als sehr introvertiert. Dadurch ist es für ihn nicht so leicht auf andere zu zugehen. Aber der 14-jährige Sagithjan wusste sich zu helfen: Durch den Opa eines Freundes hat er ein paar Zaubertricks gelernt, die es für ihn viel leichter gemacht haben. Spezialisiert hat er sich dann auf mentale Magie, bei der man das Wissen über die menschliche Psyche nutzt, um zum Beispiel herauszufinden, welche Spielkarte das Gegenüber gezogen hat. „Das läuft dann über Mikroexpressionen, die bei vielen Menschen gleich sind.“ Diese Skills helfen dem Gründer auch in seinem täglichen Umgang, weil er so sehr schnell lesen kann, was sein Gegenüber von dem Pitch hält.
„Die Summe kleiner Schritte ist am Ende die Bewegung“
An Herausforderungen hat es im Leben von Sagithjan Surendra bisher nicht gefehlt. Darin sieht aber genau auch seine Stärke. „Ich glaube, viele Menschen kennen solche Herausforderung aus ihrem persönlichen Leben und auch die Lösung dafür. Dabei wäre es so wichtig, dass sie den ersten Schritt machen und so eine Bewegung entsteht.“ Denn Surendra findet: Jeder von uns steht gerade an einem Punkt im Leben, worauf ein anderer gerade hinarbeitet.
Warum sich Sagithjan für die Molekularmedizin entschieden hat und was er über die fränkische Mentalität denkt,