Wer wäre nicht gern ein Vogel oder eine entspannte Katze? Der Gründer des GrashalmInstituts, Thomas May, sieht das anders: Er entscheidet sich für einen Oktopus. „Sie sind intelligent, anpassungsfähig und können immer grün tragen!“ Das macht May eigentlich jetzt schon. Der freischaffender Künstler und Kunstpädagoge hat eine ganz besondere Beziehung zu dem Straßenpflaster der Natur: Gras.
Ich beschäftige mich mit der Beziehung zwischen Mensch und Gras auf künstlerische Weise.
Thomas May, Gründer des GrashalmInstituts
Während seines Studiums an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg entwickelte May bereits eine Affinität dafür, Pflanzen in seine Installationen zu integrieren. Irgendwann beginnt der Künstler damit, anderen ein 16 Centimeter langes Holzstück zu geben und sie einen Grashalm daraus schnitzen zu lassen. Zuerst startete er seine Aktion nur in Bayern, dann deutschlandweit – mittlerweile hat Thomas May 16 748 geschnitzte Halme von allen Ecken der Erde.
„Die Kunst ist total breit“
Den meisten Menschen ist es keinen zweiten Blick wert: „Gras wächst überall, ist ganz klein und kann aber wahnsinnig viel. Die Unscheinbarkeit hat mich fasziniert.“ Deswegen hat May das nomadische GrashalmInstitut gegründet. Er zieht mit seinen Ausstellungen um die Welt und sammelt dabei auch neue Grashalme für seine Sammlung. Was ihm aufgefallen ist: Deutsche schnitzen anders als Finnen und Chinesinnen. Während in Deutschland die Anweisung einen Grashalm zu schnitzen ganz klar verfolgt wird, schreiben die Kunstschaffenden in China kleine Gedichte oder Wünsche auf ihre Halme. Das Institut hat als künstlerische Einrichtung nicht den Anspruch einen wissenschaftlichen Zusammenhang herzustellen. Sie darf einfach nur sein.
Nürnberg hat die besten Anreize geboten, um den Spagat zwischen künstlerischer Tätigkeit und den Lebensumständen einer jungen Familie zu meistern.
Thomas May über seine Wahlheimat
Thomas May ist gebürtiger Oberpfälzer. Zu Beginn seiner Zeit in Nürnberg hat ihm die gemütliche Kneipen- und Café-Szene gefehlt. Mittlerweile gibt es aber auch in der Dürer-Stadt viel mehr Einkehrmöglichkeiten: „Nürnberg ist schon viel lebenswerter geworden in den letzten 20 Jahren. Da kann man sich nicht beschweren.“ Noch etwas schätzt May besonders an Nürnberg: die Kunstszene. „Man kennt sich, man schätzt sich und man ist so klein, dass man sich eher unterstützt als in Konkurrenzkampf verstrickt.“
Künstlerische Fotografie aus der Ukraine
Neben seiner Tätigkeit als Künstler ist Thomas May auch Pädagoge und Kurator. Als erster Vorsitzender der Künstlergruppe Der KREIS betreut er gerade eine Fotografieausstellung aus der ukrainischen Partnerstadt Kharkiv. Das ganze findet in einem besonderen Gebäude in der Maximilianstraße statt. „Ein Gebäude, wo man nicht weiß, ob es das hässlichste oder schönste Gebäude Nürnbergs ist – auf jeden Fall nichts dazwischen.“ Es gibt regelmäßig Führungen von Ukrainerinnen und Ukrainern durch 50 Jahre Fotografiegeschichte. Bis zum 13. August ist die Ausstellung noch geöffnet.
Was der Unterschied zwischen Oberpfälzern und Franken ist, und wie man selbst einen Grashalm für Thomas Mays Sammlung schnitzen kann…