Jeder in Nürnberg kennt sie – und (fast) jeder liebt sie: die Nürnberger Rostbratwurst. Schon lange steckt hinter diesem Begriff mehr als nur eine traditionelle Nürnberger Leibspeise. Es wurde zu einem Wahrzeichen unserer Stadt. Die Bratwurst hat eine eigene Website, einen Imagefilm, einen Schutzverband und vor allem: ganz viel Geschichte. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, unserem Wahrzeichen mal ganz genau auf den Grund zu gehen.
In meinem letzten Artikel habe ich eine kleine Zeitreise zurück in die Vergangenheit der Nürnberger Bratwurst gemacht und witzige Fakten und Anekdoten erzählt. Und wer denkt, hinter einer Bratwurst kann gar nicht so viel Geschichte stecken: der irrt sich! Gewaltig.
Schließlich gibt es jetzt sogar etwas ganz Neues hier in Nürnberg: eine Bratwurstgasse und ein Nürnberger Bratwurstmuseum. Und wie es sich für eine ordentliche Recherche gehört, hab ich dem Museum natürlich einen Besuch abgestattet.
Zur Bratwurstgasse 1
Eine Bratwurstgasse? Ein Bratwurstmuseum? Wahrzeichen schön und gut, aber braucht Nürnberg das wirklich? Davon wollte ich mich selbst überzeugen.
Auf Google-Maps ist sie bereits eingezeichnet, die neue Bratwurstgasse, und daher leicht zu finden. Tatsächlich ist sie aber relativ unspektakulär. Zwei Straßenschilder markieren die Gasse. Sie ist nicht besonders lang – also irgendwie passend für die Nürnberger Rostbratwurst, die ebenfalls nur sieben bis acht Zentimeter lang ist.
Richtig cool stelle ich es mir nur vor, in dieser Gasse zu wohnen und die Adresse in meinem Personalausweis stehen zu haben. Tatsächlich sind in dieser kleinen Gasse aber keine Wohnhäuser. Schade eigentlich. Lediglich ein ganz besonderes Anwesen darf in die Anschrift der Bratwurstgasse tragen: das Nürnberger Bratwurstmuseum. Gespannt gehe ich rein.
Alles nur Marketing?
Ich werde bereits freudig von Becker empfangen. Das Museum wird von dem Schutzverband Nürnberger Bratwurste e.V. betrieben. Ein Verband, der sich nicht nur darum kümmert, dass die Qualität und die Rezeptur der Nürnberger Rostbratwürste eingehalten werden. Ihre Aufgabe ist es auch, sich um die Markenpflege- und Bekanntheit der Bratwurst zu kümmern. Daher das Museum.
Ein paar wenige Besucher sind gerade schon dabei, sich durch die Informationsflut über die Nürnberger Bratwurst zu kämpfen. “Ein Großteil der Laufkundschaft fällt durch die neuen 2G+ Regelungen leider weg”, so Becker. “Unsere Eröffnung haben wir uns natürlich anders vorgestellt.”
Jedoch blieb für Becker nun umso mehr Zeit, mir eine kleine Führung durch das Museum zu geben. Rund 100 Quadratmeter ist das neue Museum groß und wie ein kleiner Laufweg aufgebaut. Angefangen mit Anekdoten und Legenden zu der Nürnberger Bratwurst, beschäftigt sich der zweite Teil des Laufwegs mit der Historie. Im letzten Teil erfahren Besucher alles rund um den Herstellungsprozess der Bratwurst.
700 Jahre Bratwurst
Natürlich habe ich schon vor meinem Museumsbesuch fleißig über die Nürnberger Bratwurst recherchiert. Vieles wusste ich bereits. Ob ich trotzdem viel Neues erfahren habe? Definitiv. Es ist wirklich unglaublich, wie viel Geschichte sich durch eine kleine, einfache Wurst über die Jahre hinweg angesammelt hat.
Becker weiß viel und erzählt viel. Ich höre gespannt zu. Das schöne an dem Museum: es wird viel über Bildschirme, Bilder, Nachbildungen sowie Exponaten rund um die Nürnberger Bratwurst erzählt. Das macht ein eigentlich unspektakuläres Thema wie eine Bratwurst plötzlich interessant.
So kann man unter anderem alte Zinnteller, Möbel und Werkzeug bestaunen. Ein kleines Highlight war auch die Nachbildung des alten Bratwurstglöckleins. Das Bratwurstglöcklein war eine der legendärsten Bratwürstküchen der damaligen Zeit und weit über die Stadtmauern bekannt. Seine Entstehung wird in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vermutet und wurde nur von wohlhabenden Gästen besucht.
Das Besondere: auch das Gästebuch mit den Original-Schriften ist ausgestellt. Eine bekannte Person hat sich auch darin verewigt: es war Adolf Hitler.
Ich habe noch viel mehr erfahren. Dass der “Hass” zwischen Fürth und Nürnberg eigentlich auf der Bratwurst basiert. Woher das Sprichwort “den Löffel abgeben” kommt. Und vor allem: wie es die Nürnberger Bratwurst geschafft hat, so berühmt zu werden. Antwort auf die vielen Fragen findest du natürlich im Museum!
Ein etwas anderer Museumsbesuch
Zugegeben, ein Museum über die Nürnberger Bratwurst klingt auf den ersten Blick nicht besonders spannend. „So viel wird es bestimmt nicht zu erzählen geben“ oder „länger als 20 Minuten wird es bestimmt nicht dauern“ waren einige meiner Gedanken auf dem Weg zum Museum. Falsch.
Knapp eine Stunde verbrachte ich dort. Klar, hab ich auch einiges über die Zusammensetzung der Bratwurst, Besonderheiten, geheime Rezepturen und Herstellungsprozesse erfahren. Im Vordergrund stand für mich jedoch, die alten Geschichten über das mittelalterliche Nürnberg zu hören. Bilder zu sehen, wie es damals in unserer Stadt ausgesehen hat – Dinge, die mich faszinieren.
Wer Zeit und Lust (und derzeit geimpft ist und einen negativen Corona-Test) hat, sollte dem Bratwurst-Museum einen Besuch abstatten. Schließlich ist es DAS Wahrzeichen. Und nein: eine echte Nürnberger Bratwurst gab es leider nicht zu kaufen. Die findest du aber an an jeder Ecke – und die Besten gibt es hier! 🙂